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Fakultät Sozialwissenschaften

Veranstaltungen

Kaffepause auf einer Konferenz © Olga Serjantu​/​unsplash
© Tetiana Shyshkina ​/​ Unsplash

Anstehende Veranstaltungen

Das von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Promotionskolleg „Neue Herausforderungen in alternden Gesellschaften“ (Sprecherinnen: Prof. Dr. Martina Brandt, Prof. Dr. Mona Motakef) erforscht im Rahmen von zwölf Promotionsstipendien an der TU Dortmund die die neuen Herausforderungen, die der demografische Wandel in Zeiten multipler Krisen (Pandemie, Kriege, Klima) für Individuen, Familien und Gesellschaften mit sich bringt.

Nähere Informationen zu den Forschungsthemen des Kollegs finden sich unter: https://sowi.tu-dortmund.de/studium/promotionskolleg/forschungsprogramm/


Zur Eröffnung des Kollegs findet am 21.06.2024 eine Veranstaltung in den Räumlichkeiten der DASA in Dortmund statt. Die Key Notes halten Prof. Dr. Anita Tisch (Hochschule Bonn-Rhein-Sieg) und  Prof. Dr. Lea Ellwardt (Universität zu Köln).


Mehr Informationen folgen.

 

Vergangene Veranstaltungen

"Wem gehört das Kind?"

Buchvorstellung: Feministische Perspektiven auf Elternschaft

6.10.2022, 18.00 – 19.30 Uhr, digital

Die Regulierung von elterlicher Sorge orientiert sich in Deutschland an der heterosexuellen Kleinfamilie – zumindest noch. Die Bundesregierung sieht in ihrem Koalitionsvertrag weitreichende Änderungen vor, die auch die Frage berühren, wer für ein Kind (rechtlich) sorgen darf und wer nicht. Doch was bedeutet dies konkret und welche Folgen hat dies für Geschlechter(un)gleichheiten? Löst sich die enge Kopplung von leiblicher Elternschaft und Sorgerecht auf und gewinnt soziale Elternschaft an Bedeutung? Und was passiert im Trennungsfall? Wie sind Scheidungen bisher geregelt und welcher Reformbedarf wird deutlich? Welche Regelungen sind grundsätzlich für ein „gutes Leben mit Kindern“ in vielfältigen Familienkonstellationen erforderlich?

Das Handbuch „Feministische Perspektiven auf Elternschaft“ versammelt 50 Schlagworte feministischer Debatten um Elternschaft. An diesem Abend diskutieren wir gemeinsam mit Autor*innen des Handbuchs über soziale Elternschaft zwischen rechtlichen Voraussetzungen und gelebtem Alltag – nicht nur, aber auch angesichts der neuesten familienpolitischen Entwicklungen.

 

LISA YASHARODA HALLER (Institut für Sozialforschung, Goethe-Universität Frankfurt) und ALICIA SCHLENDER (Humboldt-­Universität zu Berlin): Feministische Perspektiven auf Elternschaft

MONA MOTAKEF  (TU Dortmund): Zur Praxis und Anerkennung sozialer Elternschaft

MAYA HALATCHEVA-TRAPP (TU Dortmund): Elterliche Sorge nach Trennung und Scheidung

 

Moderation ALMUT PEUKERT (Universität Hamburg)
Organisation: MICHAELA KOCH (Zentrum Gender & Diversity Hamburg, ZGD)

Anmeldung unter:

https://zgd-hamburg.de/events/wem-gehoert-das-kind-feministische-perspektiven-auf-elternschaft/

 

Polarisierte Lebenswelten? Vielfältige Familien und Lebensführungen jenseits der Hetero- und Paarnorm

Organisation: Mona Motakef1, Christine Wimbauer2, Julia Teschlade2, Leoni Linek1
1: Technische Universität Dortmund; 2: Humboldt-­Universität zu Berlin

Zeit: Donnerstag, 29.09.2022,  14:15 - 17:00Uhr

Ob es um die Abschaffung des „Transsexuellengesetzes“ geht, um die Einführung des Rechtskonstrukts der Verantwortungsgemeinschaft oder die Möglichkeit, Elternschaft auf mehr als zwei Personen auszuweiten – die Bundesregierung sieht eine umfassende Reform des Familienrechts vor, die erstmals in der deutschen Geschichte eine Abkehr vom Leitbild der bürgerlichen Normalfamilie und eine Anerkennung der empirischen Realität vielfältiger Familien und Lebensformen darstellt. Dieser sich bereits seit einigen Jahren abzeichnende Wandel im Familienrecht und in der -politik ist ein Erfolg jahrzehntelanger Kämpfe um Anerkennung sexualpolitischer Bewegungen. Dennoch ist die Öffnung gegenüber Lebensformen, die von der bürgerlichen Familie abweichen, weiterhin politisch stark umkämpft. Haben wir es also mit polarisierten Lebenswelten zu tun?

Die deutschsprachige (Familien-)Soziologie öffnet sich erst zögerlich gegenüber Lebensformen jenseits der Hetero- und Paarnorm. Dies verwundert, werden doch längst Familiengründungen und -alltag in unterschiedlichen Konstellationen verwirklicht: In gleichgeschlechtlichen Familien und freundschaftszentrierten Lebensformen leben leibliche wie nicht leibliche Kinder, in einer ‚queer family’ realisieren schwule und lesbische Paare einen gemeinsamen Kinderwunsch. Auch ermöglichen Reproduktionstechnologien wie Samenspende, IVF oder Leihmutterschaft leibliche Elternschaft. Wie empirische Studien zeigen, bestehen aber umfassende Diskriminierungen in der heteronormativen Gesellschaft fort, etwa im Zugang zu Reproduktionstechnologien und im Familienalltag (Peukert et al. 2020, Linek et al. 2021, Wimbauer 2021), in einer Lebensverlaufsperspektive etwa auch mit Blick auf queere Senior*innen und ihre Sorgenetzwerke.

Die Beiträge der Ad-hoc Gruppe reflektieren die Chancen und Grenzen queerer Lebensführungen aus einer heteronormativitäts- und paarkritischen Perspektive. Qualitative und quantitative Analysen erörtern aus familien-, ungleichheits- und geschlechtersoziologischer Perspektive die Ambivalenzen der genannten Öffnungen.

Welche (Un-)Gleichheiten lassen sich in der institutionalisierten Anerkennungsordnung für nicht-heterosexuelle und z.T. nicht paarförmige (potentielle) Familien finden? Wie sind die neuesten familienpolitischen Reformen zu bewerten? Welche neuen Entwicklungen wohlfahrstaatlicher Leistungen und Formen des Zusammenhalts lassen sich beobachten? Wie gestalten sich die normierten Anerkennungsordnungen für Familien, die von der klassischen Familie abweichen? Welche rechtlichen und sozialpolitischen Ausschlüsse erfahren sie? Wie wird Familie in der Alltagspraxis hergestellt (doing family) und welche Erfahrungen sozialer Ungleichheit, des Ein- und/oder Ausschlusses bestehen? Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie? Welche Ungleichheiten erleben LGBT*Q Personen angesichts ihrer Lebensform über die Lebensspanne? Wie sind freundschaftszentrierte Lebensweisen und ‚queere’ Formen von Verwandtschaft abgesichert? Wie sollten sie abgesichert werden? Wie lässt sich ein erweitertes soziologisches Konzept von Familie und Sorgegemeinschaft entwickeln? Welche Forschungslücken und Herausforderungen bestehen für die (empirische) Familien-, Ungleichheits- und Geschlechter­forschung?

Weitere Informationen:

zum Kongress unter https://kongress2022.soziologie.de/aktuelles

zu den Vorträgen unter https://www.conftool.pro/dgs-kongress2022/index.php?page=browseSessions&form_session=481

Referent*innen

Lisa de Vries (Bielefeld): Job Präferenzen von sexuellen Minderheiten: Die Rolle von Diskriminierungserfahrungen und „Safe Havens“

Christine Wimbauer (Berlin), Mona Motakef (Dort­mund): Rechtlicher Wandel im Schneckentempo: LGBTQ*-Familien zwischen Gleichstellung und Heteronormativität

Mirjam Fischer (Köln):  Well-being during COVID-19 pandemic: A comparison of individuals with minoritized sexual and gender identities and cis-heterosexual individuals

Julia Teschlade (Berlin): Normalisierungspraktiken als aufwändige Arbeit in heteronormativen Gesellschaften: LGBTQ* Familien in Deutschland

Leoni Linek (Dort­mund): Gemeinsam frei sein: Intime Zweierfreundschaft in der ,neuen Mitte‘ als Sehnsuchtsort jenseits von Arbeit und Liebe?

Ralf Lottmann (Mag­de­burg-Stendal): Wahlfamiliale Unterstützungsressourcen im Alter - Herausforderungen und Chancen sozialer Teilhabe und pflegerischer Versorgung am Beispiel von LSBTI*-Senior*innen

 

 

 Was meins ist, soll auch deins sein!? – Eigentum in ent/polarisierten Paarwelten

Organisation: Sylka Scholz1, Robin Saalfeld1, Christine Wimbauer2, Mona Motakef3
1: Friedrich-Schiller-Universität Jena; 2: Humboldt-­Universität zu Berlin; 3: Technische Universität Dortmund

Zeit: Dienstag, 27.09.2022, 14:15 - 17:00 Uhr

Für Paare wird eine zunehmende Verbreitung partnerschaftlicher Beziehungsnormen konstatiert, die sich als auf Egalität ausgerichteter Anspruch in der Beziehungsführung (Behnke/Lengersdorf/Meuser 2013) oder als veränderte Beziehungsleitbilder wie der „partnerschaftlichen Liebe“ (Leupold 1983) oder der „pure relationship“ (Giddens 1992) manifestieren. Dieser gesellschaftlichen Entwicklung steht eine Kontinuität von Geschlechterungleichheiten in Paarbeziehungen gegenüber, die sich u.a. im gender wage oder gender care gap dokumentiert. Bislang wurden Ungleichheiten bei Paaren primär anhand von Einkommensdifferenzen oder entlang der innerpartnerschaftlichen Verteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Fürsorgearbeit untersucht. Es fehlen Analysen zu den ungleichheits(re)produzierenden Mechanismen der Eigentumsverteilung und -aushandlung innerhalb von Paarbeziehungen, denn Eigentum geht über Einkommen hinaus und umfasst Vermögen, Immobilien, Sachgüter, aber auch Schulden als Form negativen Eigentums. Auch kulturell-symbolische Dimensionen sind bedeutsam, wie die Rede von „mein Mann“, „meine Frau“, „mein*e Partner*in“ oder „mein Kind“ anzeigt. Diese Prozesse verkomplizieren sich, wenn bisherige Normalitätsannahmen brüchig werden, etwa im Kontext von Reproduktionsmedizin und sozialer Elternschaft.

Aktuelle Studien zur Verteilung von Gütern zwischen den Geschlechtern zeigen, dass Privateigentum eine zentrale Strukturkategorie für die Reproduktion von Ungleichheiten darstellt. So lassen sich geschlechterdifferenzierende Eigentumspolarisierungen identifizieren, indem Männer in Deutschland nicht nur mehr als Frauen verdienen, sondern auch über deutlich mehr Vermögen in Form von Betriebsvermögen, fremdgenutzten Immobilien und Versicherungsvermögen verfügen, während Frauen zwar häufiger selbst genutzte Immobilien und Geld- und Wertpapiervermögen besitzen, aber auch einen höheren Anteil an Schulden (BMAS 2021).

Qualitativ ausgerichtete Studien zum Umgang mit Geld in Paarbeziehungen zeigen, dass es nicht ausreicht, die Verteilung von Eigentumsobjekten in Paarbeziehungen quantitativ zu bestimmen, sondern dass es einer Analyse der vielfältigen Prozesse des doing property bedarf, d.h. einer Analyse der Alltagspraktiken und Deutungsmuster, durch die die Partner*innen aushandeln, welche Eigentumsobjekte im Paar als (un-)verfügbar gelten. Dieses doing property ist mit Prozessen des doing couple, doing gender und doing inequality verknüpft: Was Eigentum ist und wie es gedeutet wird, ist immer auch eine Frage von Macht und Ungleichheiten.

Zentrale Fragen der Ad-hoc-Gruppe sind: Wie kann Eigentum konzeptionell begriffen werden? Was wird im Paar unter Eigentum verstanden und wie wird es dort gedeutet? Wie zeigen sich Macht- und Ungleichheitsverhältnisse?

Untersucht werden soll, ob das Eigentum, was die Partner*innen in die Beziehung einbringen, gemeinsam genutzt wird und damit eine Entpolarisierung geschlechtsgebundener Ungleichheit stattfindet. Statistische Daten zeigen aber auch eine neue Individualisierung in der Verfügung über Eigentum in Paarkontexten, die Polarisierungen verschärfen könnten. Über das individuelle Paar hinaus scheinen sich die Welten zwischen armen/prekären und wohlhabenden Paaren immer mehr zu polarisieren. Unser Blick richtet sich einerseits auf das individuelle Paar und seine Innenwelt und andererseits auf die zunehmende Pluralität von Paarwelten.

In der Ad-hoc-Gruppe sollen diese Fragen mit den Referent*innen und dem Publikum diskutiert werden. Geplant sind vier Vorträge und eine gemeinsame Abschlussdiskussion. Wichtig ist uns ein Austausch herzustellen über die Frage von Eigentumsarrangements in Paarwelten.

Weitere Informationen:

zum Kongress unter https://kongress2022.soziologie.de/aktuelles

zu den Vorträgen unter https://www.conftool.pro/dgs-kongress2022/index.php?page=browseSessions&form_session=557

Referent*innen

Sylka Scholz und Robin K. Saalfeld (Jena): Wer das Geld hat, hat die Macht? Verhandlungen des property gap in Paarwelten

Christine Wimbauer (Berlin) und Mona Motakef (Dort­mund): Autonomie – Gelehrsamkeit – Ignoranz. Exemplarische Deutungen materieller Unterlegenheit bei gering verdienenden Männern in prekären Paarhaushalten

Natalie Grimm und Ina Kaufhold (Göttingen): Brüchige Beziehungen – konflikthafte Eigentumsarrangements. Verteilungskonflikte in prekären Haushalten

Nora Lege (Dort­mund): Mein, dein oder unser ,eigenes Kind‘? Eigentum als doing property jenseits von Monetarisierung


Kinderkriegen zwischen polarisierten Diskursen, pluralisierten Praktiken und segmentierter Forschung. Eine sozialtheoretische Spurensuche

Organisation: Dr. Peter Hofmann (Mainz), Nora Lege (Dortmund) und Laura Völkle (Tübingen)

Zeit: Mittwoch, 28.09.2022,  9:00 - 11:45 Uhr


In der diskursiven Deutung des Kinderkriegens zeichnet sich eine starke Polarisierung ab: Auf der einen Seite steht ein pronatalistischer Mainstream, welcher ein Leben mit ,eigenen Kindern‘ unhinterfragt zum idealen Lebensentwurf stilisiert. In Teilen des politischen Felds wird die ‚traditionelle Familie‘ gar als ‚Keimzelle der Gesellschaft‘ nationalistisch verklärt. Jenseits dieses politischen Diskurses, aber auf der Suche nach dem Kinderglück, nehmen viele Menschen in Deutschland große Strapazen in Kauf, wozu nicht zuletzt Versprechen eines wachsenden reproduktionsmedizinischen Angebots beitragen. Auf der anderen Seite bringt sich ein
antinatalistischer Gegendiskurs in Stellung, der das Kinderkriegen u.a. ökologisch hinterfragt. Der Defizitbegriff der Kinderlosigkeit wird als Kinderfreiheit zum positiven Lebensentwurf umgedeutet.

Neben dieser Polarisierung ist eine Pluralisierung des Kinderkriegens als sozialer Praxis sichtbar. Die Bereitstellung eines wachsenden labormedizinischen Leistungsspektrums in Kombination mit einer wachsenden Diversität in der personalen Besetzung von Fortpflanzungsgemeinschaften – von der gewählten Single-Motherhood, über gleichgeschlechtliche Konstellationen unter Beteiligung Dritter, bis hin zu postromantischen Co-Parenting-Projekten – hat zu einer gesellschaftlich teils umstrittenen Vielfalt an Möglichkeiten der Kindsproduktion geführt. Im Kontext dieser Entwicklung prägen Spannungslinien zwischen natürlich und künstlich, biologisch und sozial, queer und hetero(normativ), öffentlich und privat, eigen und fremd das Feld. Nicht zuletzt ist das Kinderkriegen zu einem Teil globaler Ungleichheitsprozesse geworden, indem ein Transitmarkt an Keimzellen und Reproduktionsarbeit entstanden ist.

In den vergangenen Jahren sind aus der Soziologie und verwandten Fachrichtungen verschiedenste Beiträge hervorgegangen, die sich mit reproduktiven Vorgängen beschäftigen. So gibt es Studien zur Soziologie der Schwangerschaft, der Geburt und Geburtsvorbereitung, zur reproduktionsmedizinischen Herstellung und Überwachung von Schwangerschaften durch PID und Ultraschall (Eva Sänger*), zur Konstitution von Elternschaft in Queer-Konstellationen, zur Tragemutterschaft (Julia Teschlade*) und Samen- bzw. Eizellenspende (Sarah Dionisius*), bis hin zu Abtreibung und Schwangerschaftsverlust (Julia Böcker*). Trotz einer offensichtlichen Klammer, die diese Forschungen miteinander verbindet, ist die Forschungslandschaft zersplittert: in Queer Studies, die ihren Gegenstandsbereich vom hetero(normativen) Kinderkriegen abgrenzen, Forschungen zur Reproduktionsmedizin, die sich vorwiegend auf klinische Settings konzentriert und die Soziologie der Schwangerschaft und Geburt, die sich oft selbstverständlich auf klassische Formen des Kinderkriegens in heterosexuellen Paarbeziehungen beschränkt. Das Nicht- Kinderkriegen bleibt dabei der Fertilitätsforschung überlassen, die es implizit als devianten Sonderfall betrachtet.

Entgegen der Segmentierung der Forschungslandschaft und der jeweiligen Ausklammerung bestimmter Gegenstandsbereiche wollen wir mit der AdHoc-Gruppe eine bisher ausgebliebene tiefergehende konzeptionelle Auseinandersetzung anstoßen und uns auf eine sozialtheoretische Spurensuche begeben. Dazu wird es im ersten Teil der Veranstaltung Beiträge verschiedenerForschungsperspektiven geben, um im zweiten Teil zu einer gemeinsamen Diskussion übergreifender Fragen zu gelangen: Was ist der Kern des sozialen Phänomens des Kinderkriegens und wie lassen sich dessen Grenzen bestimmen? Welche theoretischen Konzeptionen braucht es, wenn der empirische Fokus, wie längst der Fall, weit über traditionale Grenzen hinausreicht? Welcher Erkenntnisgewinn lässt sich erzielen, wenn wir den soziologischen Blick auf das Phänomen insgesamt erweitern? Was sehen wir, wenn wir etwa traditionale Selbstverständlichkeiten mit queeren Augen analytisch befremden? Welche fruchtbaren Anschlüsse an soziologische Theorieangebote lassen sich herstellen, um das Phänomen sozialtheoretisch stärker zu erschließen und zu fundieren?

Weitere Informationen

zum Kongress unter https://kongress2022.soziologie.de/aktuelles

zu den Vorträgen unter  https://www.conftool.pro/dgs-kongress2022/index.php?page=browseSessions&form_session=463

Vorträge:

Nora Lege (Dort­mund), Laura Völkle (Tübingen) und Dr. Peter Hofmann (Mainz): Kinderkriegen als sozial distribuierte Praxis: Drei empirische Studien und ihr geteilter Horizont

Dr. Julia Böcker (Lüneburg): Was bedeutet es, keine Kin­der zu kriegen? Theoretische Im­pul­se aus der qualitativen For­schung zu Schwangerschaftsverlust

Dr. Sarah Dionisius (Köln): Aufbruch traditionaler Selbstverständlichkeiten? Kinderkriegen mit­tels Samenspende in lesbischen und queeren Paarkonstellationen

Julia Teschlade (Berlin): Kinderkriegen durch Tragemutterschaft: Polarisierende Reproduktionspraktiken im Span­nungs­feld von Markt und Intimität

Prof. Dr. Eva Sänger (Köln): Welche Kinder kriegen? Subjektivierungs- und praxisanalytische Perspektiven auf Kinderkriegen, Gefühle und Pränataldiagnostik

Mona Motakef hält ihre Antrittsrede © Nicole Stadtfeld ​/​ TU Dortmund

Frau Professorin Dr. Nicole Burzan, Dekanin der Fakultät, begrüßt Frau Professorin Dr. Mona Motakef zu ihrer Antrittsvorlesung, welche am 26.10.2021 im Rahmen der Kolloquien der Fakultät Sozialwissenschaften in hybrider Form stattgefunden hat.

Frau Professorin Dr. Mona Motakef, Professorin für Soziologie der Geschlechter­verhältnisse, hielt Ihre Antrittsvorlesung zum Thema:

Geschlechter­verhältnisse erforschen.
Prekarisierung – Anerkennung – Ungleichheit.

Ausgangspunkt ihres Vortrags stellte die Prekarisierung des männlichen Ernährermodells dar: Welche Kontinuitäten und Veränderungen zeigen sich für Geschlechterungleichheiten und Anerkennungsverhältnisse? Im Rekurs auf klassische Geschlechtertheorien präsentierte sie zunächst ihre mikrosoziologische Perspektive auf vielfältige Geschlechter­verhältnisse. Anhand empirischer Fälle, die auf Paar- und Familieninterviews beruhen, stellte sie dann Ungleichheiten in den Anerkennungsverhältnissen von prekär Beschäftigen und vielfältigen Familien dar. Sie diskutierte, wie Anerkennungsdefizite bei meist weiblichen Sorgeleistenden kumulieren können und was es für Männer bedeuten kann, wenn sie wegen ihrer prekären Beschäftigung keine Ernährermännlichkeit realisieren können. Weiter zeichnete sie nach, mit welchen Hürden Zwei-Mütter-, Mehreltern- und Trans-Familien in ihrem Familienalltag konfrontiert werden und wie sie damit umgehen. Nach einem Fazit skizzierte sie die Forschungsperspektiven, die sie an der Fakultät verfolgt.

An der hybriden Veranstaltung nahmen ca. 40 Gäste in Präsenz an der TU Dortmund teil. Weitere 87 Personen verfolgten den Vortrag per Zoom-Schaltung.

Ausführliche Informationen zu den aktuellen Themen der Soziologie der Geschlechter­verhältnisse finden Sie auf der Webseite des Lehr- und Forschungsbereichs.

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Vielfältige Familien: Elternschaft und Familie/n jenseits von Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit 

7.-8. Oktober 2021, Humboldt-­Universität zu Berlin

Was ist eine Familie und wenn ja, wie viele? Elternschaft, Familie und Verwandtschaft werden in vielen Arenen und historischen Epochen verhandelt: Sie sind weder vorsozial noch ein für alle Mal gegeben, sondern unterliegen fortwährendem Wandel. Gegenwärtige Verhandlungen von Familie, Verwandtschaft und Elternschaft standen im Fokus der Analyse bei dieser interdisziplinären und internationalen Tagung. 

Elena Mayeres (HU Berlin) berichtet auf dem Genderblog des Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der HU Berlin von der Konfererenz. 

© ÖGS​/​DSG Screenshot

23.-25.8.2021, Universität Wien (digital)

Christine Wimbauer, Leoni Linek, Mona Motakef, Almut Peukert und Julia Teschlade

Ad-hoc-Gruppe - (Selbst-)Sorge jenseits der romantischen Liebe vor, während und nach Corona

Wie durch ein Brennglas verdeutlicht die COVID-19-Pandemie unsere existenzielle Verwiesenheit auf andere. Zur Eindämmung der Pandemie wurden Kontaktbeschränkungen beschlossen, die Nahbeziehungen im Haushalt und damit die Kernfamilie und romantische Paarbeziehung privilegieren. Im Lockdown wird Care-Arbeit, etwa die Betreuung und das ‚Home Schooling‘ von Kindern, laut aktuellen Studien überwiegend von Frauen übernommen, womit ohnehin existierende Geschlechterungleichheiten verstärkt werden und Räume der Selbstsorge für Care-Leistende schwinden. Wohnraum und Wohnform werden umso wichtiger, wenn #StayAtHome zur Maxime wird – und dies mit ungleichen Implikationen: Während manche zu vielen auf engem Raum wohnen, verfügen andere über ausreichend Platz oder ein häusliches Arbeitszimmer. Alleinlebende werden zwar durch die Maßnahmen weitgehend isoliert, müssen aber oftmals nicht den Spagat zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit meistern.

Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Paar- und Heteronormativität wollen wir in der Ad-Hoc-Gruppe (Selbst-)Sorge-Arrangements jenseits des heterosexuellen Paarseins und der Kleinfamilie ausloten: Wie wirkt sich die Pandemie auf Lebens- und Wohnformen aus, in denen nach weniger ungleichen Formen des Gemeinschaftlichen gesucht wird, wie etwa in unromantischen Co-Parenting- oder Mehreltern-Konstellationen, in freundschaftlichen Wohngemeinschaften und familienähnlichen Mehrgenerationenhäusern? Entstehen neue Formen sorgender Verantwortungsübernahme wie nachbarschaftliche Unter­stützung oder digitale Netzwerke? Was bedeutet dies für Freundschaften und Sorgebeziehungen, etwa von prekär Beschäftigten, die nicht zuhause bleiben können oder von älteren Menschen ohne Partner*in? Welche Bedeutungen haben geografische Unterschiede hinsichtlich unterschiedlicher rechtlicher Regulierungen?